Oh, oh. Es hat sich so viel getan in der letzten Zeit, dass einiges von dem, was ich hier geschrieben hatte, so einfach nicht mehr stimmt. Da ich aber keine Zeit habe, die ganze Seite neu zu schreiben, sind die Änderungen in lila einfach ergänzt.
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Zunächst einmal vorweg: Es gibt keinen deutschen Tinker-Zuchtverband.

Es gibt nicht einmal einen internationalen.
Bei anderen Rassen (beispielsweise Cheval de Mérens) gibt es zumindest im Heimatland schon seit langem ein Zuchtbuch und dann folgen nach und nach andere Länder (hier wie oft die Niederlande) mit einem eigenen Zuchtbuch; zu Zuchtschauen, Leistungsprüfungen und insbesondere Körungen werden aber dann Richter aus dem Ursprungsland eingeladen.
Statt eines deutschen Tinker-Zuchtverbandes haben wir dafür jetzt die Bezeichnung "Tinker" für Deutschland geschützt, d.h. die FN und damit alle ihr angehörigen Zuchtverbände, führen das Ursprungszuchtbuch für Tinker. Wenn in anderen Ländern jetzt Tinker gezüchtet werden sollen, so müssen sie sich an den Richtlinien Deutschlands orientieren.

So ähnlich ist es jetzt auch bei den Tinkern - allerdings nur bei einem Typ Tinker, dem Cobtyp (zur Begriffsbestimmung siehe hier). Es gibt ein irisches Zuchtbuch für Irish Cobs (die travellers nutzen diese Möglichkeit inzwischen vermehrt, wie mir mitgeteilt wurde, aber auch aus der Not heraus,daß es keine Alternative gibt), die Irish Cob Society, die eine Anerkennung für die gesamte Europäische Union hat. Das bedeutet, daß sie berechtigt ist, in allen Ländern der Europäischen Union ein Tochterstammbuch zu vergeben. Dies ist zunächst in den Niederlande geschehen, die somit die irischen Standards übernommen haben. Seit Dezember 2001 gibt es auch ein deutsches Tochterstutbuch der ICS, das dem Europäischen Scheckenverband übergeben wurde. Leider hat es zwischen der Irish Cob Society und der EU irgend ein Problem gegeben, was dazu führte, dass diesen zur Zeit das Ursprungszuchtbuch (und der Rassebezeichnungsschutz?) entzogen wurde. Ob es sich dabei um ein vorübergehendes Problem handelt, wie es die ECHA darstellt, kann ich nicht beurteilen.

Bei den Tinkern ist es deshalb etwas anders als beispielsweise bei den Mérens, weil es auch in Irland ursprünglich kein Zuchtbuch gab, ja es gab nicht einmal eine schriftliche Überlieferung der Abstammung der Pferde. So mancher Deutsche läßt sich von daher dazu hinreißen zu sagen, es gäbe keine (gezielte) Zucht. Aber ich fürchte, da reißt uns die deutsche Borniertheit tief in den Abgrund. Wer hat denn diese hinreißenden Pferde erschaffen: deutsche Bürokraten oder irische traveller, die oft nicht einmal schreiben und lesen können/konnten?
Wir sollten nach wie vor nicht vergessen, auf die Erfahrungen der irischen Züchter zu hören. Dennoch ist es legitim, sich über die eigenen Ansprüche klar zu werden. Auch die Iren züchten andere Tinkers als Reitpony für ihre Kinder als für den früher üblichen Planwagen, andere für die Straßenrennen (vor kleinen Sulkys) als für gemütliche Ausritte ...

Seit einiger Zeit gibt es auch noch einen zweiten Verband (für Schecken) in Irland, der allerdings ein Ableger des entsprechenden englischen Verbands ist. Wir werden sehen, wie die Entwicklung weitergeht. Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, daß dieses Angebot wirklich wahrgenommen wird; einerseits, weil zumindest einige der Tinkerzüchter und -händler mit "Papierkram" erheblich auf dem Kriegsfuß stehen, andererseits aufgrund des englisch-irischen Verhältnisses ...

In Deutschland gibt es im Grunde vier Möglichkeiten, einen Tinker für die Zucht eintragen zu lassen, wobei die ersten drei Möglichkeiten  sich nur wenig unterscheiden, insofern, als alle diese Verbände der FN angehören und somit (eigentlich) über das gleiche Zuchtziel, Zuchtmethode etc. verfügen (müssten):
 
 
Die regionalen Pferde- stammbücher bzw. Zuchtverbände:
  • Rheinisches Pferdestammbuch
  • Westfälisches Pferdestammbuch 
(Liste wird ergänzt, siehe Ende der Seite)
Der Zuchtverband für deutsche Pferde (ZfdP) Der Deutsche Pintozuchtverband (DPZV) Das Irish Cob Zucht- buch der European Colored Horses Association (ECHA)

Sowohl die regionalen Pferdezuchtverbände als auch der Zuchtverband für deutsche Pferde sind für die Zucht von Warmblütern gegründet worden. Nach und nach haben sie dann Stutbücher auch für Ponyrassen und andere "Spezialpferderassen" eröffnet.
Das hat praktisch gesehen Vorteile, wenn Sie auch noch Pferde anderer Rassen eingetragen haben und nicht in mehr als einem Verband Mitglied sein wollen (das kostet ja schließlich auch Geld).
Das hat natürlich auch Nachteile, weil es sich natürlich nicht zwangsläufig bei allen Mitarbeitern um ausgesprochene Tinkerfans und -kenner handeln kann. Allerdings ist auch die Frage, ob das sein muss, oder ob es nicht auch gut für die Zucht sein kann, wenn da jemand ziemlich unemotional und sachlich die Qualitäten und Schwächen eines Pferdes beurteilt...

Der DPZV tritt mit dem Argument auf den Plan, daß genau das hier erfüllt sei. Es handelt sich um einen Spezialverband für bunte Pferde, wenn ich das mal so salopp formulieren darf. So, wie es auch einen Spezialverband für Araber und einen für Quarters gibt.
Aber stimmt das so einfach? Ist das Buntsein das, was den Tinker ausmacht? Und können Leute, die sich für einen Araberpinto begeistern (möglichst viel Vollblutaraberblut gepaart mit dem bunten Fell), wirklich einen Tinker bewerten, einen vielleicht ramsnasigen, kaltblütigen Tinker mit Bart auf der Oberlippe, der erst einmal grunzt statt durch die Halle zu schweben, weil er den Ledergeruch auf dem Boden so erstaunlich findet?

Ähnliches gilt auch für den europäischen Konkurrenzverband ECHA (European Coloured Horses Association). Von Vorteil ist allerdings hier, daß diese das Zuchtbuch für die Irish Cobs nach den Richtlinien der irischen Irish Cob Society führen (und auch gelegentlich irische Richter einfliegen). Außerdem sieht die Irish Cob Society die Eintragung von Pferden aller Farben (außer Albinos) vor (vgl. hier unter "Rasse-Info" die Zuchtzielbeschreibung auf Deutsch) und verfällt somit nicht dem Irrtum, jedes Zucht-Pferd müsse gescheckt sein. Wenn man jetzt noch davon ausgehen kann, daß die irische Mutterorganisation die Vorstellungen der irischen Züchter optimal repräsentiert (was man so einfach auch nicht wissen kann), dann könnte sich eine Eintragung in diesem Verband als eine gute Möglichkeit erweisen. Warten wir's ab. Ein Problem ist allerdings, dass die ECHA nicht Mitglied der FN ist - das könnte irgendwann ein Problem bei der gegenseitigen Anerkennung geben. Gerüchteweise gibt es das jetzt schon in der Form, daß die Abstammung eines Fohlens nicht anerkannt würde; diese Erfahrung habe ich selber allerdings noch nicht gemacht. Da ich diesen Sommer allerdings zwei ECHA-Stuten zur Anerkennung beim Rhein. Pferdestammbuch haben werde, kann ich dann weiter berichten.
Allerdings sind die Bewertungsmaßstäbe der Irish Cob Society deutlich enger als bei den anderen Pferdezuchtverbänden (was den akzeptierten Typ angeht), so promoten die Vertreter die Irish Cobs auch als die Elitepferde unter den Tinkern (die sie als solche wiederum gelegentlich der Lächerlichkeit preisgeben); daher lohnt sich der Versuch einer Eintragung nur bei wirklich schweren Tieren. Abgesehen davon kostet die Vorstellung dort auch viel mehr als anderswo. So zumindest meine persönliche (lückenhafte) Erfahrung - bitte selbst erfragen!

So ist das Dilemma mit der Tinkerzucht. Eigentlich nicht mehr so viel Dilemma!

Aber auch das wird nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wurde. Nach Informationen des Rheinischen Pferdestammbuchs soll die Vielfalt der Tinkertypen erhalten bleiben. Außerdem arbeiten einige der Verbände an einem gemeinsamen Standard. Der ist - zumindest in der Theorie - jetzt gesetzt. Warten wir ab, was die Praxis sagt ...

Hier folgen die Kontaktadressen (und soweit möglich auch weiterführende Informationen), die von den Verbänden zu bekommen sind:
 
 
Die regionalen Pferde- stammbücher bzw. Zuchtverbände: Der Zuchtverband für deutsche Pferde (ZfdP):
www.zfdp.de
Der Deutsche Pintozuchtverband (DPZV):
www.pinto.dpzv.de
Das Irish Cob Zucht- buch der European Colored Horses Association (ECHA):
www.echa-esv.de

 
 
 
 
 
 


URL: www.tinkerhengste.de/checkliste.html; Stand: 12.02.2006; Verantwortlich: Katinka Lutze & Thomas Klein. Kontakt